Brände

 

Brandschutz war früher eine der wichtigsten Aufgaben einer Gemeinde. Angesichts der dichten Bebauung, der Verwendung feuergefährlicher Materialien wie Holz und Stroh sowie ungenügender Bekämpfungsmöglichkeiten konnte der kleinste Funke genügen, um ganze Ortschaften in Schutt und Asche zu legen. Auch der Markt Neukirchen-Balbini blieb von diesen Katastrophen nicht verschont. Die Akten in den Archiven geben Zeugnis von vielen Bränden, welche Not und Elend über die betroffenen Bürger brachten. Über die gravierendsten Feuersbrünste soll im Folgenden berichtet werden.

Die ersten Brände im Markt Neukirchen-Balbini sind aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges überliefert. 1634 legten kaiserliche Soldaten Feuer, wodurch der Ort zu zwei Dritteln abbrannte. Am 19. März 1641 schlägt  Erzherzog Leopold Wilhelm sein Hauptquartier im Markt auf, anschließend brennen die Soldaten des Kaisers den Ort bis auf sieben Häuser nieder. Nähere Einzelheiten sind nicht bekannt.

Bei einem Brand anno 1703 wurde auch das Rathaus ein Raub der Flammen, auch hier schweigen die Quellen über Details.

„Feurio!“ erschallte es wieder am 17. April 1779. Bei diesem Großfeuer brannte erneut fast der gesamte Markt  nieder, nur die Kirche und sieben Häuser  blieben verschont. Laut Akten der Ungeldstube der Regierung in Amberg soll der Brand durch Unvorsichtigkeit beim Backen entstanden sein. 66 Häuser, 43 Stadl, 60 Stallungen und  29 Schupfen sowie viel Vieh und fast sämtliches Fahrnis (Fuhrwerke und Geräte) seien abgebrannt. Als der Neunburger Oberungelter nach Neukirchen kommt, bietet sich ihm ein Anblick des Schreckens. Kein Stückl brauchbare Mauer sei noch vorhanden, fast alle Keller seien verschüttet. Der kupferne Sudkessel im Brauhaus steht unter freien Himmel; der Beamte lässt ihn herausreißen und einstweilen in der Kirche lagern, um ihn vor weiterer Zerstörung und Diebstahl zu bewahren. Bei einem Neubau des Brauhauses schlägt der Ungelter vor, es mit dem Mulz- und Dörrhaus unter einem Dach zu vereinen. Das spare zum einen Kosten und diene zudem der Sicherheit. Das Mulz- und Dörrhaus stand bislang zwischen Rathaus und Schulhaus, das nächste Wasser war im Marktbrunnen verfügbar, der über 300 Schritte entfernt  beim Brauhaus ist. Die an das Brauhaus anstoßenden Nachbarn, ein Krämer und ein Zimmermann, wären allerdings bereit, ihre Brandstätten gegen  den Platz des abgebrannten Mulzhauses einzutauschen. Somit könnte das Brauhaus erweitert werden. Zur Finanzierung des Baues, der sich bis 1782 hinzog, spendierte die Regierung einen Beitrag von 500 Gulden aus den Ungeldgefällen und stellte kostenlos Bauholz zur Verfügung. Über den Wiederaufbau des abgebrannten Schul- und Mesnerhauses findet sich ein Vorgang im Bestand der Oberpfälzer Kirchenakten. Darin schildert der Schulmeister und Mesner Johann Franz Bernhard seine Misere. Weil er bei den Löscharbeiten bei der Pfarrkirche mitgeholfen habe, konnte er sein eigenes Hab und Gut nicht retten. So logiert er mit schwangerer Frau und Kindern notdürftig im Schulhaus, von dem nach Mitteilung des Maurermeister Christoph Forster nur der Hausstock stehen geblieben sei. Dem Schulmeister dauert die Genehmigung des Bauprojektes zu lange und in seiner Notlage beginnt er selbst mit dem Wiederaufbau des Schulhaus auf eigene Kosten. Diese werden ihm später in Sechs-Jahres-Fristen zurückerstattet.

In den Briefprotokollen des Marktes finden sich folgende Informationen: Das Mulz- und Dörrhaus ist abgebrannt. Der Abbrändler Georg Gebhard erwirbt vom Markt für 150 fl einen Platz am Anger neben dem Kufner Michl Wagner für einen Neubau. Der Bader Christian Schmid erlitt durch das Feuer einen so großen finanziellen Schaden, dass er 1780 die Hälfte seines Hauses an den Metzgerssohn Franz Naber um 130 fl verkauft. 1781 veräußert der Weber Michl Dauch sein 1777 erworbenes Haus, das jetzt eine Brandstatt ist, um 400 fl an Mathias Fiederer. Einem Schreiben von Pfarrer Johann Georg Hafensteiner am 3. Mai 1779 an das bischöfliche Ordinariat ist zu entnehmen, dass das Feuer in einem Bürgerhaus entstanden ist. Der ganze Markt sei innerhalb von drei Stunden in Schutt und Asche gelegt worden, darunter auch das Pfarrhaus samt Stadl und Stallungen. Die Pfarrkirche sei allerdings mit „härtigster Mühe“ gerettet worden. In der Chronik der Stadt München ist vermerkt, dass man den Abgeordneten des Marktes Neukirchen-Balbini, der fast gänzlich in Asche gelegt worden sei, am Samstag, 11. September 1779, gemäß Hofratsbefehl und Extraditionsschein 30 Gulden Brandsteuer gegeben habe. Aus Bodenwöhr ist überliefert, dass dem Abbrändler Johann Probst von Neukirchen anno 1779 vom Hofgebäude des Hüttenwerkes ein hier unbrauchbarer Wagen um vier Gulden verkauft wurde.

Keinen Niederschlag fand in den Chroniken bisher ein weiterer Großbrand, der sich nur 18 Jahre später am 26. Februar 1797 ereignete. Gerade in diesem Fall sind jedoch nähere Einzelheiten durch einen Bericht des Landrichters Franz Xaver von Wiesinger an die Regierung in Amberg überliefert. Demnach brach das Feuer um Mitternacht durch eine Nachlässigkeit im Anwesen des Schuhmachers Johann Preinl aus, wie die Nachforschungen des Landrichters ergaben. Fünf Häuser und sieben Stadel wurden ein Raub der Flammen. Brandleider waren der Fleischhacker Johann Naber (54 Jahre), der Schuhmacher Johann Preinl (68 Jahre), der Schmied Thomas Gietl (45 Jahre), Paul Winkler (29 Jahre), Peter Dirscherl (70 Jahre), der Schuhmacher Ferdinand Mayr (45 Jahre), Adam Ziegler (40 Jahre) und Georg Graß. Wiesinger kritisierte scharf die Nachlässigkeit der Marktobrigkeit, dass nur zwei Feuerlöscheimer auf dem Rathaus vorhanden waren. Zudem existierte nur ein Feuerhaken, den der frühere Bürgermeister Adam Hötzl als Fischhaken benutzte. Eine Leiter gab es nicht. Als Zeugen wurden vernommen neben den Brandleidern auch der Nachtwächter und Brothüter Georg Gebhard (52 Jahre), der bei Kaspar Etz in Diensten stehende Knecht Stephan Gruber (23 Jahre, aus Hiltenbach stammend), der Austrägler Daniel Schießl (68 Jahre) und die Schmiedsgattin Katharina Gietl (35 Jahre). Die Brandverursacher wurden öffentlich bestraft: Johann Preinl wurde eine Stunde in den Stock gelegt und seine Frau musste eine Stunde die Geige tragen. Der Brandgeschädigte Johann Naber erhielt ein Sammelpatent, mit dem eine begrenzte Zeit „Geld erbetteln“ durfte.

44 Jahre später, am 18. Juni 1841, brach gegen 0.45 Uhr im gleichen Viertel erneut ein Großfeuer aus. Diesmal wurde der Brandherd in der Schupfe oder im Stadel  des Landwirtes  Franz Winkler lokalisiert. Neun Häuser und 17 Nebengebäude wurden eingeäschert, heißt es in den Akten des Landgerichtes Neunburg. Als Brandleider werden genannt: der Bräumeister Johann Schild, Hsnr. 2a, der Krämer und Schneider Wolfgang Stubenrauch Hsnr. 2, der Schuhmacher Xaver Maier Hsnr. 3, der Hufschmied Johann Baier Hsnr. 4, der Ökonom Franz Winkler, der Ökonom Wolfgang Gruber Hsnr. 7, der Schuhmacher Joseph Maier Hsnr. 8, der Ökonom und Schmied Georg Forster Hsnr. 9 sowie der Ökonom Georg Schmid Hsnr.10.

Für den Wiederaufbau der Gebäude genehmigten die Behörden die Lieferung von Bauholz aus dem Forstrevier Neubäu für die Abbrändler. Als eine der Ursachen für die Ausbreitung des Feuers hatte das Landgericht die enge Bebauung erkannt. Diese prekäre Situation entschärften sie durch die Neufestsetzung der Baulinie. Nach einem Ortstermin mit dem Zimmerermeister Matthias Sauerer und dem Maurermeister Franz Kraus aus Neunburg wurde diese wie folgt festgelegt: Die Hauptgebäude des Braumeisters Johann Schild, des Krämers Wolfgang Stubenrauch, des Schuhmachers Xaver Maier und des Schmieds Johann Baier bilden mit dem stehengebliebenen Gebäude des Vinzenz Zenger eine gerade Linie. Die Schupfe des Häuslers Georg Zach wurde abgerissen, um die Straße verbreitern zu können. Bis ins 18. Jahrhundert waren die Menschen wegen der fehlenden Brandversicherung massiven existentiellen Nöten ausgesetzt und auf fremde Hilfe und Unterstützung beim Wiederaufbau angewiesen. Erst Kurfürst Max IV. Joseph gründete ab 1799 Brandversicherungsgesellschaften, die 1811 zur Landesbrandversicherungsanstalt vereinigt wurden. Diese kam auch 1842 unseren Abbrändlern zu Hilfe. Laut einer Veröffentlichung im Kreisintelligenzblatt erhielten folgende Neukirchner eine Brandentschädigung:  Alois (Druckfehler, richtig: Johann) Schild 500 fl, Wolfgang Stubenrauch 1400 fl, Xaver Mayer 800 fl, Franz Winkler 800 fl, Wolfgang Gruber 800 fl, Joseph Mayer 1000 fl, Georg Forster 1200 fl, Georg Schmid 800 fl, Georg Drexler 5 fl, Georg Zach 50 fl, Thomas Dirscherl 15 fl, Johann Stubenrauch 15 fl 23 kr, Georg Naber 20 fl 35 kr und Anton Hötzl 50 fl.

Die Schäden des Feuers waren noch nicht  gänzlich beseitigt, als am 17. November 1843 gegen 21 Uhr erneut ein Brand inmitten des Marktes ausbrach. Diesmal breitete sich das Feuer vom Stadel des Bäckers Justin Schart aus und legte sechs Häuser und diverse Nebengebäude in Schutt und Asche. Brandleider waren in diesem Falle: der Bader Peither, der Bäcker Justin Schart, der Weber Georg Adam Etz, der Glaser Anton Griebl, der Taglöhner Georg Rankl, der Taglöhner Johann Gleixner und die Witwe des Franz Probst. Leider war infolge dieses  Unglücks auch ein Todesfall zu beklagen: Bürgermeister Vinzenz Weindler, erst seit zwei Jahren im Amt, starb drei Tage nach dem Brand im Alter von 31 Jahren. Pfarrer Georg Amberger schrieb über ihn: „Ein bei der Gemeinde beliebter und in Achtung stehender Mann, welchen Verlust die Gemeinde empfindlich fühlt, weil er ein einsichtsvoller Mann war und sich der guten Sache annahm.“ Auch nach diesem Großbrand zog man baupolizeiliche Konsequenzen. Drei Brandleider (Johann Gleixner, Georg Adam Etz und Anton Griebl) bauten ihre abgebrannten Häuser nicht mehr auf, sondern errichteten Neubauten am Zengerweiher. Weiter schaffte die Gemeinde laut den Kammerrechnungen von 1843/44 vier neue Feuerhaken und zwei Feuergabeln an.

Der letzte Großbrand in Neukirchen-Balbini ereignete sich am 7. September 1950. Gemeindeschreiber Franz Gans berichtet darüber in der Gemeindechronik: „Der Gebäudekomplex gegenüber der Gemeindekanzlei mit Hsnr. 5 Simmet früher Franz Fichtl, Hsnr. 74 Johann Gleixner ohne Wohnhaus, Hsnr. 75 Xaver Hinteneder und der Posthalterbesitz Hsnr. 76 Franz Decker, wurden am 7. September 1950 durch ein Großfeuer vernichtet. Dieses kam kurz nach Mitternacht nächst der Stallung des Hinteneder zum Ausbruch und griff infolge langer Trockenheit derart schnell um sich, daß  innerhalb 20 Minuten sich obige Objekte in ein Flammenmeer verwandelten. An ein Löschen des Brandes war vorerst nicht zu denken, es galt daher die Ausbreitung des Brandes zu verhindern. Die Windrichtung ging gegen Nordosten, daher waren gefährdet die Pfarrei und besonders der Besitz Bucher Hsnr. 67 mit Kiener Hsnr. 71. Die Schlauchleitungen konnten nur zwischen den Häusern Hsnr. 4 und 5 vorbei gelegt werden. Im Anwesen Bucher zersprangen sämtliche Fensterscheiben, es gerieten auch die Fensterstöcke in Brand, es war eine unbeschreibliche Hitze. Der vor dem Hause Hsnr. 71 erhöht im Gartel stehende Birnbaum bildete einen ziemlichen Schutz gegen das Weitergreifen des Feuers auf diesen Besitz und den Nachbarn Gebhard Hsnr. 72 und Drexler Hsnr. 73. Mit großer Mühe gelang es der Feuerwehr, das Übergreifen des Feuers auf das Wohnhaus des Johann Gleixner Hsnr. 74 zu verhindern, was hauptsächlich der im Hause gegen den Stadl zu führenden Eisentür zu verdanken war. Beim Eintreffen der Nachbarwehren war eine weitere Ausbreitung des Feuers bereits gebannt. In dem gut ausgebauten Posthaltergebäude entstand durch das  Eindringen der erheblichen Wassermassen großer Schaden, da alles ersoff, es blieben nur die Außenwände zum Teil erhalten. Nach dem Brande setzte eine lange bis zum Winter dauernde Regenzeit ein, welche weiter zerstörend wirkte, so daß der Wiederaufbau nur langsam vor sich ging. Frau Simmet Hsnr. 5 baute  ihren bisher landw. Besitz um und errichtete ein Lebensmittelgeschäft. Über Betreiben des Straßenbauamtes mußten die Besitzer Gleixner und Hinteneder Grund zur Straßenverbreiterung abtreten, daher lohnte sich bei Hinteneder ein Wiederaufbau an der bisherigen Stelle nicht mehr. Er nahm diesen auf Plannr. 346 vor, wo bereits ein kleiner Stadl stand. Den ihm auf der Brandstelle verbliebenen Grundbesitz trat er seinem bisherigen Nachbarn Franz Decker ab, welcher ihn zur Erweiterung seiner Wirtschaftsgebäude verwendete. Der Brandleider Hinteneder konnte von seinem Inventar nur zwei Pferde retten, es verbrannten ihm ein Pferd, vier Kühe, drei Jungrinder, sechs Schweine, drei Schafe und sonstiges Kleinvieh, die gesamte Ernte und Futtergeräte sowie Wohnungs- und Wirtschaftsinventar. Im Posthaltergebäude fielen den Flammen zum Opfer: der gesamte Vorrat an Heu mit einer erst neuerworbenen Heugebläseanlage, Maschinen und Wirtschaftsgegenstände, Betten, Kleider, Wäsche und dergleichen. Ein Teil davon soll gestohlen worden sein. Aus dem im Hofe des Posthaltergebäudes befindlichen mit starken Türen versehenen Schweinestall konnten nach Ablöschung des Brandes sämtliche Schweine noch lebend geborgen werden. Der von den Brandleidern insgesamt erlittene Schaden betrug ungefähr 200 000 DM. Die Versicherungsleistungen kaum 100 000 DM. Die Wahrheit liegt in des Dichters Wort..., Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmet bewacht!“